Lästige Strafzahlung fällt weg
Wer Hypotheken vorzeitig zurückzahlen will, muss eine happige Entschädigung für die Vorfälligkeit zahlen. Jetzt verzichten erste Anbieter darauf.
Haus verkauft, Hypothek hinfällig – und schon macht die Bank die hohle Hand. Wer eine bestehende Hypothek auflösen muss oder den Restbetrag freiwillig in Gänze zurückzahlen will, erlebt oft eine böse Überraschung. Fällig wird dabei eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, die je nach Kreditsumme, Laufzeit und Zinssatz rasch mehrere zehntausend Franken ausmachen kann. Dass es auch ohne diese Strafzahlung geht, die für betroffene Hypothekarkreditnehmer stets ein grosses Ärgernis darstellt, zeigen erste Anbieter, die bei Neuabschlüssen auf die entsprechende Klausel im Vertrag verzichten.
Auch wenn schon bisher diese als Ausstiegskosten oder Penalty begründete Gebühr Verhandlungssache war, lohnt es sich jetzt, genauer darauf zu achten. Denn neben einem Hausverkauf können Veränderungen der persönlichen Lebensumstände, wie Trennung, Unfall und Tod oder ein Umzug eine vorzeitige Kündigung der Hypothek nötig machen.
Gravierend bei langen Laufzeiten
Die Höhe der Entschädigung, die steuerlich abzugsfähig ist, berechnet die kreditgebende Bank aus der Differenz zwischen dem bei Vertragsabschluss festgelegten Hypo-Zinssatz und dem Zins, die sie bei Neuanlage der zurückbezahlten Kreditsumme für die Restlaufzeit am Geld- und Kapitalmarkt selbst erzielen kann. Dort aber liegen die Zinsen weiterhin unter null. Zusätzlich werden oft noch Bearbeitungsgebühren verrechnet.
Ins Gewicht fällt die Strafgebühr vor allem bei Festhypotheken, die noch eine längere Restlaufzeit aufweisen. Comparis hat in den letzten drei Monaten 2021 «eine Bevorzugung langer und sogar ultralanger Laufzeiten» beobachtet. Gemeint sind Kredite, die mehr als 10 Jahre laufen und derzeit zu Sätzen von knapp über 1% langfristig angebunden werden können.
«Der Grund für die wachsende Beliebtheit langer Hypothekarverträge ist der erwartete leichte Zinsanstieg in der zweiten Jahreshälfte 2022», sagt Leo Hug, Finanzexperte bei dem Vergleichsportal. Allein im 4. Quartal 2021 habe die Tochterfirma Hypoplus mehr 15-jährige Festhypotheken als in den drei vorherigen Quartalen zusammen vermittelt, sagt Hug.
Laut einer Analyse von Moneypark entfallen auf langfristige Festhypotheken heute fast 80% des betreuten Hypothekarvolumens, das Ende 2021 auf das neue Rekordniveau von 1138 Mrd. Fr. gestiegen ist. Die am häufigsten gewählte Laufzeit von 10 Jahren kommt auf einen Anteil von 55%. Vor zehn Jahren war die fünfjährige Festhypothek noch erste Wahl.
«Festhypotheken ohne die Vorfälligkeitsentschädigung bieten einen grossen Nutzen», sagt Damian Gliott von Vermögens-Partner in Zürich und einer der Gründer des Kreditvermittlers hypotheke.ch. Denn mit dem Verzicht einzelner Anbieter auf diese Klausel fällt ein wichtiger Nachteil der Langläufer unter den Hypotheken weg. Ein Ausstieg aus dem Kreditvertrag wird so jederzeit möglich. Umgekehrt verlieren kurze Laufzeiten und die dafür geeigneten Geldmarkt- und Saron-Hypotheken ihren Wettbewerbsvorteil höherer Flexibilität. Aber: Während bei fallenden Zinsen der Umstieg auf eine günstigere Hypothek attraktiv war, ist das bei tendenziell wieder steigenden Zinsen selten der Fall. Ein vorzeitiger Ausstieg ohne Strafzahlung ist zumeist an Bedingungen geknüpft, etwa ein Verkauf an Nichtverwandte. Auch können einmalige Pauschalgebühren fällig werden.
Benjamin Manz vom Portal Moneyland rät Kunden, beim Finanzinstitut jeweils genau nachzufragen, ob und wie die Vorfälligkeitsentschädigung im Kreditvertrag gelöst ist. Nicht nur den Zinssatz einer neuen Hypothek gelte es zu verhandeln, sondern auch weitere Konditionen. Im Zweifel sollte man eine «Ausstiegsofferte» einholen, sagt Manz.
Arbeit für den Ombudsmann
Erscheint das Angebot unverhältnismässig, seien eine Beratung oder als Ultima Ratio der Gang zum Banken-Ombudsmann weitere Optionen. Die Schlichtungsstelle der Finanzbranche hat sich bereits wiederholt mit der Frage von Strafzahlungen beschäftigen müssen, die aufgrund geltender Negativzinsen berechnet worden waren. Mit Verweis auf einschlägige Gerichtsurteile, die eine solche Praxis als nicht zulässig bewerteten, konnte Ombudsmann Marco Franchetti für betroffene Kreditnehmer jeweils eine Reduktion der Entschädigung erwirken. Die Gerichte hätten aber betont, dass einzig die konkrete vertragliche Regelung massgebend sei.
Hypothekarkredite über sehr lange Laufzeiten und ohne zusätzliche Ausstiegskosten sind denn auch nach wie vor kein Standardprodukt, sondern müssen von den Kunden explizit erfragt werden. Aktiv angeboten werden sie selten, auch Richtsätze für die 15 Jahre laufende Hypothek sieht man eher selten. Gemäss Comparis gilt für sie derzeit ein Durchschnittsrichtsatz von 1,37%. Bis Ende 2022 dürfte sich der Satz laut der Prognose in einer Bandbreite von 1,25% bis 1,75% bewegen.
Vor allem Pensionskassen und Versicherungen zeigen sich bei den Konditionen flexibler als die jeweilige Hausbank. Wer von ihnen Hypotheken ohne Ausstiegsklausel führt, müssen die Kreditnehmer bei den Anbietern oder den Vermittlern herausfinden.
Quelle: NZZ.ch