Immobilien: Die neue Flucht aufs Land
Die Preise für Wohneigentum steigen weiterhin stark: Das ist ein zentraler Befund der Grossbank Credit Suisse (CS) in ihrer am Dienstag veröffentlichten Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2021». Damit zeigt der Trend in diesem Segment nach oben, nachdem die Preise dem Coronajahr 2020 nicht nur getrotzt haben, sondern im Schnitt um 5 Prozent geklettert sind. Dies wiederum ist eine direkte Folge der Gesundheitskrise, wie die Studie festhält: «Seit der Covid-19-Pandemie ist die Wohnung zum absoluten Mittelpunkt unseres Lebens geworden, was auffällige Verschiebungen der Nachfragepräferenzen zur Folge hat. Wohneigentum erfährt gegenwärtig ein kaum für möglich gehaltenes Interesse von Kaufwilligen.»
Mittlere Einkommen fallen aus dem Rennen
Der Sehnsucht nach einem eigenen Zuhause steht allerdings ein knappes Angebot gegenüber, so die CS-Experten weiter. Die Produktion von Wohneigentum nimmt seit Jahren ab, und eine Wende ist nicht in Sicht. In Folge der immer höheren Preise für Wohneigentum können immer weniger Haushalte die Finanzierungsanforderungen erfüllen: Zwei von drei schweizweit inserierten Objekten mit vier und mehr Zimmern sind für einen Haushalt mit mittlerem Einkommen kalkulatorisch nicht mehr tragbar.
Solche Haushalte suchen nun vermehrt in der Peripherie der Grosszentren oder in ländlichen Gemeinden nach Wohneigentum – zumal ihnen der Trend zum Home Office einen grösseren Suchradius erlaubt. An dessen Rändern gelangen damit auch eher günstige und damit erschwinglichere Eigenheim-Objekte in die Auswahl, wie die Studie festhält.
Asymmetrie bei den Preisen
Damit beobachten die CS-Banker, was kürzlich Stefan Heitmann, Chef der führenden Hypotheken-Vermittlerin Moneypark, zu finews.ch sagte: «Das ist ein neuer Trend, der für mich klar durch Corona bedingt ist». Die Menschen wollten in dieser Situation eine Immobilie mit Umschwung oder in Nähe der Natur. Dieses Feedback höre Moneypark ganz klar von den Kunden. Heitmann beobachtete bei den Preisen für Wohneigentum eine Asymmetrie: «Die Agglomerationen ziehen preislich stärker an als die Innenstädte.»
Das ist Wasser auf die Mühlen der Finanzinstitute, die ausserhalb der Städte verankert sind, respektive eine Wachstums-Strategie in der Agglomeration fahren: Ein schweizweiter Akteur ist in diesem Feld die in Bern beheimatete Bank Valiant. Dank dem langanhaltenden Aufwärtstrend bei den Schweizer Immobilienpreisen agieren die Regionalbank in der Regel auf einer sehr robusten Basis.
Anhaltende Margenerosion
Dennoch erwies sich die Branche in einer Umfrage der Beratungsfirma EY zu Jahresanfang als überraschend pessimistisch. Für die nächsten zwölf Monate befürchteten 67 Prozent der damals befragten Regionalbanken-Chefs negative Auswirkungen aufs operative Geschäft.
Diese Ängste gelten auch dem wichtigen Standbein im Hypothekarmarkt. Mit 82 Prozent erwartete die grosse Mehrheit der Banken, dass die Zinsen in der Schweiz auch noch in zehn Jahren sehr tief sein werden. Diese Aussicht verschärft die strukturellen Ertragsprobleme der Banken und die bereits seit einigen Jahren anhaltende Margenerosion im wichtigen Zinsgeschäft.
Eine Frage der Loyalität
Hinzu kommt, dass es auch «auf dem Land» ein Internet gibt. Online-Vergleichsdienste und zentralisierte Vermittlung-Plattformen wie Moneypark, Key4 von UBS und Valuu von Postfinance sind auf dem Vormarsch und bieten Zugang zu den teils günstigeren Finanzierung-Angeboten von Versicherern und Pensionskassen.
Das spüren die Regionalbanker. Sie erklärten gegenüber EY, dass die Kundenloyalität spürbar abgenommen habe – und gehen unter allen Bankengruppen in der Schweiz am ehesten davon aus, dass der (ebenfalls durch die Coronakrise frocierte) digitale Strukturwandel sich beschleunigt aufs Geschäftsmodell auswirken wird.
Quelle: finews.ch